Wöllersdorf (Wöllersdorf-Steinabrückl)


Gemeinde Wöllersdorf-Steinabrückl

Der Höllturm und seine Höhlen

Für seine Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens bereiste Schweickhardt viele Orte selbst, um sich so die notwendigen Informationen zu beschaffen, so auch Wöllersdorf. Im entsprechenden Abschnitt schildert er auch die Begehung des Höhlensystems beim Höllturm:
Nebst dem Steinbruche hier, welcher ergiebige Ausbeute liefert, steht rechts vom Dorfe auf einem Hügel eine alte Warte, allgemein der Höllthurm genannt, welche den Eingang zu einer wenig bekannten, merkwürdigen Höhle enthält, von der man sich mit verschiedenen Sagen unterhält. Wir haben die unterirdische schauerliche Reise selbst dahin angetreten, nachdem wir im Dorfe einen verläßlichen Führer erhalten hatten, und mit Fackeln und Kienspänen versehen waren.
Der alte Thurm mit seiner ausgebrochenen Thüre ist rund gebaut, und mag ungefähr zwei Stockwerke hoch seyn. Nachdem wir aus Fürsorge eine Laterne mitgenommen, und solche sammt den Spänen angezündet hatten, stiegen wir in eine, unten im Thurme den Eingang bildende, enge Kluft. Alsbald waren die Fledermäuse aufgeschreckt, und wir mußten uns vor diesen garstigen Gästen sogleich zu schützen suchen. Ein sonderbares Gefühl überfällt den neugierigen Wanderer, indem er in die ihm unbekannten unterirdischen Gängen tritt. Kunstlos ist der Anfang dieser Höhle nur von der Natur gebildet, die sich bald erweitert; während des Fortschreitens schien es uns sanft aufwärts zu gehen, und häufig stießen wir auf bis an die Knie reichende Haufen verfaulten Getreides, welches, nach einiger Meinung, beim Türkenkriege im Jahre 1683 hierher in Sicherheit gebracht wurde. Bemerkenswerth ist vorzüglich eine große Halle, in der ein eckiger Stein den Namen Predigtstuhl führt, weshalb man muthmaßet, daß zu Zeiten des Luthertums hier Zusammenkünfte gehalten worden sind; viele Nebenkammern bestehen noch, die bisher gar nicht untersucht worden sind, wozu uns auch die Zeit mangelte mehr darin zu forschen, besonders da wir den aus obiger großer Halle sich enger und tief senkenden Gang, welcher von Menschenhänden gebildet wurde, weithin verfolgten. Man kann in solchen, wenn wir noch weiter vorgedrungen wären, das Rauschen des Wassers hören; allein von allem entblößt, was zur Wehre oder sonst nöthig wird, haben wir es nicht gewagt, weiter fort zu gehen. Es heißt, daß dieser Gang sogar Verbindung mit Gängen unter der entlegenen Veste Starhemberg haben soll, allein es nicht nur zu düster, sondern sogar abschreckend ungewissen Schrittes, zu tief in dieses unterirdische Labyrinth sich zu wagen, besonders da unser Führer, mehr vertraut als Fremdlinge, nicht weiter vorwärts zu gehen sich getraute. Eine andere Halle im Rückwege trug sichtbare Spuren des Meisels.